Enrichment
bedeutet Bereicherung. Vor allem in Zoos wird durch gezielte Beschäftigungsarbeiten darauf geachtet, dass die Tiere nicht durch Langeweile und Frustration größere Verhaltensauffälligkeiten erleiden.
„Unsere Hunde leben aber nicht gelangweilt in Zoos.“, kommt dann schnell als Argument.
Ja, jedoch haben sie in vielen Fällen auch nicht allzu viel Spaß, geschweige Bedürfnisbefriedigung in ihrem Leben.
Wir verstehen heute unter dem Begriff die grundlegenden Bedürfnisse eines Hundes, deren Erfüllung direkten Einfluss auf das Wohlbefinden hat. Damit auch auf unsere Trainingserfolge, die Resillienz, Impulskontrolle, Frustrationstoleranz und vieles mehr.
- Entscheidungsfreiheit und damit auch Kontrolle über sich haben dürfen. Das beinhaltet vor allem Erwartungssicherheit und Bewältigungsstrategien zu haben.
- Umwelterkundung mit genügend sensorischer Stimulation, aber auch Safeplaces zu haben.
- Ein gutes Medical Training zu haben und eine ausreichend passende medizinische Versorgung.
- Passende Ernährung gepaart mit arttypischen Verhalten.
- Deutlich mehr emotional positive als negative Zustände. Selbstwirksamkeit und bedürfnisorientiertes Training sind Bausteine hierfür.
Stell dir dieses 5 Säulenmodell vor, als wären sie die Bausteine für dein Haus.
Alle müssen einigermaßen gerade stehen und vollständig sein, denn sonst hängt das schützende Dach schief oder droht sogar einzustürzen.
Entscheidungsfreiheit - Wie jetzt, der Hund darf tun, was er will? Jap!
Dem Hund Entscheidungsfreiheit zu geben, bedeutet nicht, dass er nun auf den Tischen rumtanzt.
Ganz im Gegenteil.
Wer Entscheidungsfreiheit nutzen kann, der verfügt über Anpassungsfähigkeiten und Flexibilität für Verhalten
in verschiedensten Umweltbedingungen.
Sollten wir uns das nicht zu Nutze machen?
Entscheidungsfreiheit bedeutet damit aber auch, dass das Tier seine Optionen kennen muss, die möglichst zum Verhalten passen sollten.
Was vielen nicht so bewußt ist, Entscheidungsfreiheit ist ein Grundbedürfnis neben Nahrung, Wasser und Fortpflanzung.
Selbstwirksamkeit ist hierbei von großer Bedeutung.
Aufgaben oder Situationen durch eigene Fähigkeiten erfolgreich zu meistern ist am Ende also nichts anderes, als Kontrolle in einer Situation darüber zu haben, wie sie bewältigt werden kann.
Wir haben eine ganze Menge an kleinen feinen Angeboten, in denen unsere Hunde selbstwirksam "arbeiten" können.
Ebenso wie bspw. ein Ja- und Neinbutton und ein Exittarget. Also wahrzunehmen, ob der Hund weitermachen möchte und auch zu sehen, wenn der sagt „das genügt mir erstmal“.
Natürlich auch all die Kooperationssignale, die wir beispielsweise im Medical Training nutzen.
Allen voran steht das Markertraining. Hierbei verstärken wir ja gutes Verhalten und kloppen nicht auf unerwünschtem herum. Das heißt, der Hund hat die Wahlmöglichkeit für eine ganze Reihe an Optionen.
Bedürfnisorientiert arbeiten heißt darauf zu schauen, welche Motivation, welches Bedürfnis hat das Tier gerade für ein bestimmtes Verhalten.
Vereinfacht gefragt: "Was hat der Hund davon?", das er dieses oder jenes Verhalten zeigt.
Schlichtes Beispiel ist ein Hund, der einem Hasen nachjagt.
Das Motivation des Hundes ist häufig nicht töten und fressen, sondern hetzen.
Bedürfnisorientiertes Training übt nun im Vorfeld eine Reihe von Möglichkeiten, die dem Hund signalisieren,
dass er seine Bedürfnisse auch anderweitig, unter unserer Kontrolle, ausleben kann.
Ein positives Umfeld und eine optimistische Grundeinstellung zu schaffen erleichtert nicht nur euer Zusammenleben immens, sondern bringt dir und deinem Hund Freude und Spaß. Und das wollen wir doch alle.
©Heike Schuh/2024