Hundehaltung boomt und dazu passend gibt es unzählige Hundeschulen. Hinzu kommen jährlich neue „Trends“. Die inzwischen vergangene „Rudelstellung“ wird beispielsweise derzeit durch „das Verwalten von Räumen“ abgelöst.
Es wird mit allerlei wohlklingenden Namen für Methoden geworben:
artgerechter Erziehung,
individueller Führung,
Ampelsystem,
Wir trainieren:
- ohne Leckerlie,
- ohne spezielle Methode bis hin zu
- ohne Kommandos oder gar
- ohne Konditionierung.
Von den TV-Trainern mit ihrer Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche ganz zu schweigen.
Sie alle wollen uns vermitteln, dass Hunde liebevolle Familienmitglieder seien, aber damit sie „spuren“ auch mal eine klare Ansage benötigen. Ganz wie in der Kindererziehung.
Gerne wird dann auch noch ein bisschen darüber gewitzelt, dass die sogenannte „Wattebäuschchenfraktion“ die bedauernswerten Hunde mit unzähligen Leckerli zu verweichlichten Zirkustierchen verziehen und man ihnen damit sogar noch mehr schade.
Wie wird man eigentlich zum Trainer*in?
Jeder muss eine Prüfung beim zuständigen Veterinäramt ablegen (meist schriftlich, mündlich und praktisch), wobei es hierbei nicht besonders relevant ist, wo die vorangegangene Ausbildung stattgefunden hat. Es sagt uns also nicht, wie die Trainer*in tatsächlich arbeitet. In Vereinen arbeitende Trainer*innen benötigen gar keine Überprüfung.
Des Weiteren gibt es diverse Zertifizierungen, die am Ende jedoch ebenso wenig über die eigentliche Arbeitsweise Auskunft geben.
Auch die diversen Vereine für Hundetrainer geben dem Laien erst nach gründlicher Recherche die tatsächliche Philosophie preis, denn auch hier werben erstmal viele mit ausschließlich „positivem Training“.
Doch ist da auch wirklich kein Blocken, Stupsen, Ignorieren usw. drin?
Kein Wunder, dass es schwierig und verwirrend für Hundehalter*innen ist, bei der Vielfalt den passenden Trainer oder Trainerin zu finden oder besagten Hundeschulen nicht „auf den Leim zu gehen“ wenn diese mit positivem Training werben, die Hunde schlussendlich aber doch bspw. über körpersprachliches Blocken und somit über Hemmung trainieren.
Damit du selbst herausfinden kannst, ob eine Trainer*in wirklich positiv arbeitet, dröseln wir ein paar Punkte mal genauer auf:
Ohne Konditionierung geht es nicht!
Die Regeln der Klassischen Konditionierung, das Verknüpfungslernen, gelten für uns alle. Dieses Lernen findet unbewusst statt und kann daher weder verhindert noch abgelehnt werden.
Die daraus folgenden Regeln, als auch die der Operante Konditionierung, hat feste Bedingungen, der sich eine Lernende*r nicht entziehen kann. Dies gilt sowohl für Lernen über Verstärkung als auch über Strafe. Werden diese nicht eingehalten, funktioniert es schlicht nicht.
Es ist also grenzenloser Unfug, wenn behauptet wird, dass ohne Konditionierung gearbeitet wird, denn sie findet sowieso ständig statt. Selbst Erziehung mit Strafe muss sich den naturwissenschaftlichen Lerngesetzen unterwerfen. Das sind FAKTEN.
„Hunde benötigen aber doch entsprechende Konsequenzen für Fehlverhalten“ wird dann argumentiert. Gerne auch unter dem Begriff „Korrektur“ beworben.
Dazu möchte ich 2 Punkte erläutern:
1. Fehler eines Hundes sind nicht etwa Sturheit, Eigensinn, geschehen nicht aus Absicht oder gar zum Trotz. Zu solchen Vermenschlichungen sind Hunde nicht in der Lage.
Fehlverhalten sind stets die Konsequenzen aus dem Training der Menschen.
Haben wir bestimmte Situationen nicht oft genug geübt, den Kontext nicht beachtet, waren zu ungenau und/oder zu langsam, weiß das Tier einfach nicht, was es tun soll.
Aus Hundesicht ist sein Verhalten in der Situation genau richtig. Er ist zu Gast in unserer Menschenwelt, die er weder verstehen noch sich einfach daran gewöhnen kann. Er kann gar keine Fehler darin machen, sondern es ist unsere Ansicht, ganz individuell, was ein „falsches“ Verhalten ist.
2. Welche Konsequenzen aus den vier Lern-Quadranten wir Menschen auch immer anwenden, der Hund wird sie mit dem Menschen in Verbindung bringen und nicht nur mit dem entsprechenden Verhalten.
Wenn wir also „korrigieren“, was nichts anderes als „strafen“ bedeutet, so verbinden Hunde dies immer mit den Menschen. Bindungsfördernd geht bei negativen Konsequenzen sicher anders.
Training mit positiver Verstärkung bedeutet daher, dass wir ansetzen, bevor der Hund in eine Situation kommt, die wir als „Fehlverhalten“ ansehen. Es macht wenig Sinn, erstmal abzuwarten, bis der Hund ein „schlechtes“ Verhalten zeigt, so dass der Mensch quasi gezwungen wird reaktiv zu sein und womöglich eine der drei anderen Quadranten anzuwenden.
Wir reagieren auf das Verhalten des Hundes proaktiv,
um dann zu lenken und zu unterstützen.
Die nötige Autorität, gerne bei artgerechter Erziehung empfohlen, funktioniert ebenso über die Quadranten der Operanten Konditionierung, wie all die anderen Wortkreationen, die die ein oder anderen „Methode“ im Hundetraining beschreiben.
Ganz besonders verbreitet sind die Rudelführertheorien, die erklären, dass du dich wie ein Alphawolf benehmen musst, damit klar ist, wo dein Hund in der Rangordnung steht.
Dies ist derart falsch und inzwischen hinreichend klargestellt. Da wir Menschen jedoch in einem Dominanzsystem leben, wird das nach wie vor als passend angenommen.
Meist wird mit einer Mischung aus + Strafe und ./.Verstärkung gearbeitet.
Häufig über Körpersprache. Das Tier wird geblockt, begrenzt, körpersprachlich bedroht.
Die Gefühle und Beweggründe, die dein Hund dabei hat, werden außer Acht gelassen.
Strafe bewertet der Bestrafte, nicht der Strafende. Daher ist körperliches Blocken, bissl Stupsen oder soziale Isolation durchaus als Strafe anzusehen, obwohl uns häufig das Gegenteil suggeriert wird.
Wer die Körpersprache der Hunde richtig lesen kann, sieht ganz genau, wie der Hund sich fühlt.
Auch der Bezug zur Kindererziehung hinkt. Ja, Hunde kann man kognitiv in etwa mit 2-3-jährigen Kindern vergleichen. Allerdings können wir selbst einem 2-jährigen bereits mit Erklärungen weiterhelfen. Das fällt beim Hund bekanntermaßen weg.
Die fälschliche Annahme, dass all die Straferei der Bindung keinen allzu großen Abbruch zugefügt hätte, da der Hund dann ja doch zum Kuscheln ankam, lässt sich allerdings sehr wohl erklären. Sie sind hochsoziale Tiere, soziale Isolation wäre demnach eine der allerschlimmsten Emotionen.
Du siehst, es werden viele Begriffe gefunden, die am Ende nur eines bedeuten, nämlich schnelles Training mit Strafen für Fehlverhalten.
Was also tun?
Guck dir den Umgang des Trainers/der Trainerin mit dem Hund ganz genau an und stell folgende Fragen:
1. Wie (oder wird überhaupt) wird erwünschtes Verhalten verstärkt?
Wer nur mit Keksen schmeißt, hat tatsächlich wenig Ahnung.
Es gibt unzählige Möglichkeiten Verhalten gut zu verstärken.
2. Wie wird mit „Fehlverhalten“ umgegangen?
Wer strafen „muss“, tut dies aus Unwissenheit und Hilflosigkeit heraus.
3. Werden dir die Möglichkeiten gut erklärt, wird stetig nach positiven Lösungen gesucht und mit ihnen gearbeitet?
Es gibt Verbände, deren Mitglieder ständige Fortbildungen bei entsprechend geprüften Dozenten nachweisen müssen. Damit bist du schon mal auf der sicheren Seite.
Allen voran der IBH e.V.
Heike Schuh©2022